Gedanken zum Bürgerbrunnen
Von Bildhauerin Margarete K. Wiggen
Jede Stadt wird liebenswerter durch ihre Brunnen auf Plätzen und Straßen, in Mauernischen und Gärten. Steigende, fallende, rieselnde und springende Wasser symbolisieren Leben; sie erfreuen uns durch Frische und Lebendigkeit.
Nachdem man um 1800 viele Zier-und Nutzbrunnen aus den Stadtbildern verschwinden ließ, besann man sich in den letzten Jahren wieder auf die „gute alte Zeit“ und errichtete neue Brunnen. Während über viele Jahre hinweg bei diesen Neuschöpfungen abstrakte Formen bevorzugt wurden, wünscht sich heute eine ständig wachsende Zahl der Bürger wieder erkennbare Plastiken, gestaltet als Mensch oder Tier. Wie auch früher schon, so wird heute wieder mehr und mehr der Brunnen zur Stätte menschlicher Begegnungen. Menschen rasten und reden miteinander, Kinder spielen am Brunnenrand, junge Leute werfen Münzen ins Wasser und hoffen, daß ihre unausgesprochenen Wünsche in Erfüllung gehen werden. Wird der Standort für einen Brunnen gewählt, ist zu überlegen, welche Ideen oder welches Anliegen sich gerade hier, an diesem Platz künstlerisch umsetzen läßt. Betrachten wir unter diesem Aspekt den Brunnen am Hofer Rathaus.
Ein abstrakter Brunnen mit größerem Wasserfall wäre sicher fehl am Platz gewesen. Bei dem zur Verfügung stehenden kleinen Raum hätten die Passanten schon beim kleinsten Windstoß eine Dusche bekommen, das Pflaster wäre im Umkreis ständig feucht. Ein abstraktes Gebilde dürfte wohl auch kaum so recht in die Nähe des schönen alten Rathausturmes gepaßt haben. Zudem wurde immer wieder der Wunsch geäußert, den verlorenen alten Brunnen aus der Ludwigstraße in neuer Art wieder erstehen zu lassen. Was lag also näher, als unter den drei Kastanien einen Brunnen zu bauen, der von allen Bürgern „angenommen“, volkstümlich und voll Leben das Alte mit dem Neuen verbindet.
Hier ist dem Hofer Gestalt gegeben. Die Figuren der Kinder, der studierenden und musizierenden Schüler, des jungen Paares und des alten Mannes mit Stock und Zigarre symbolisieren die Vitalität der Menschen in den verschiedenen Lebensphasen. Der sitzende Ballspieler zeugt für sportliche Aktivität. Auch einige Zünfte sind beispielhaft vertreten. Bäcker, Schneider, Kaminkehrer und Brauer stehen für alle anderen Zünfte und viele Berufe, weil Essen, Trinken, Kleidung und Heizung hiermit angesprochen werden sollten. Die Marktfrau erinnert mit ihren Apfelkörben an die alte Tradition der verschiedenen Hofer Märkte; auch heute noch wird diese alte Art des Handels in der Stadt bewahrt. Eine junge Frau am Spinnrad, der Mann mit dem aufgerollten Stoffballen und das Mädchen mit der Spindel wollen nicht nur an die Stifter des Brunnens erinnern, sondern auch daran, daß ein Großteil der Bürger dieser Stadt direkt oder indirekt von der Textilindustrie lebt. Die leichte und die ernste Muse, vertreten durch die Tänzerin mit den zwei Masken, der Cellist und der sitzende Gitarrenspieler verweisen den Betrachter auf das rührige Hofer Kulturleben. Da Hof auch ein Verwaltungszentrum ist, sollte der Vertreter dieser großen Berufssparte mit Planrolle und den unvermeidlichen Akten als Symbol für Sicherheit, Recht und Ordnung nicht fehlen.
Alle Figuren, zu einer Einheit zusammengewachsen und doch in aufgelockerter Bewegung zueinander, miteinander und manchmal etwas auf Distanz, drücken symbolhaft aus, daß die Bürger der Stadt Hof es verstehen, nebeneinander und miteinander zu leben, sich gemeinsam zu freuen und mit den Realitäten des Lebens fertig zu werden.
Das Figurenoberteil und die Wasserausläufe wurden in meinem Atelier in Köditz modelliert und im Wachsausschmelzverfahren in der Bronzekunstgießerei von Otto Strehle in Eisenfelden/ Neuötting gegossen. Säule und Becken wurden von der Firma Jahreiß aus Fichtelgebirgsgranit gefertigt.
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